Veröffentlicht in Persönliches, Psyche

Der unsichtbare September

In meinem Blog-Kalender fehlt er – der September. Ich habe in diesem Monat zwar einen Entwurf gespeichert, jedoch keinen einzigen Beitrag veröffentlicht. Ja, ich hatte Urlaub. Aber gerade da wäre es doch angebracht, die Ruhe zu nutzen, die Gedanken zu sammeln und etwas zu schreiben. Themen gibt es schließlich genug und Mecklenburg-Vorpommern, wo ich zwei Wochen verbrachte, ist ein wunderschönes Land …

Und doch – es ging nicht; die Gedanken, die mich beschäftigten, die mich quälten, waren von der Sorte, die man besser für sich behält; sie drehten sich wie im Kreis und es war unmöglich, diesen Kreis zu durchbrechen und sie abzuschütteln.
Ich wusste, sie war es einmal wieder, sie – die Alte! Die Depression. Sie hat mir aufgelauert, mein Mitgefühl, meine Sorgen um einen, mir im Grunde genommen, fremden Menschen, benutzt und sich dahinter versteckt, um es sich in mir so richtig bequem und heimelig zu machen: Du siehst mich nicht, ich bin aber da, drücke dir aufs Gemüt und ziehe dich herunter; du wirst mich nicht so einfach los!
Ich kenne ihre Gemeinheiten – sie nutzt jedes noch so kleines Schlupfloch aus, um an mich heranzukommen. Trotzdem war ich machtlos …
Als der Urlaub vorbei war, verlor sie doch das Interesse an mir und rauschte mit ihrem kleinen Sieg davon. Und auch der September ging vorüber.

Nun sitze ich Mitte Oktober hier, vor dem Computer, seufze, schreibe diesen Text und überlege, ob ich ihn freischalten oder es lieber lassen soll. Etwas Weltbewegendes ist es ja nicht, bloß eine Feststellung einer meiner, wenn auch nicht ganz so großen, Niederlagen.

Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern

Autor:

Geboren bin ich 1954 in einem deutschen Dorf in Westsibirien (Gebiet Omsk), lebe seit 1992 in Deutschland. Nach 18 Jahren Bibliotheksarbeit in Omsk und 20 Jahren in der Stadtbücherei Lüdenscheid bin ich nun seit Dezember 2019 Rentnerin. Ich schreibe gern für meine Blogs und für die Homepage. Es gibt zwei Buchveröffentlichungen von mir: "In der sibirischen Kälte" und "Andersrum". Einige meiner Texte sind auch als eBooks im Internet frei zugänglich.

12 Kommentare zu „Der unsichtbare September

      1. Wäre schön!
        Ich war mal in Urlaub an der Müritz. Auch Usedom und so. Herrlich.
        Auf deinem Foto ja auch so eines dieser merkwürdigen Löcher in den Feldern, mit oder ohne Bäume. „Sölle“ heißen die, glaub ich.
        Schöne Grüße
        Sonja

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  1. Es gibt ja keinen Grund nur über die Sonnenseiten und die Siege des Lebens zu schreibens, auch scheitern gehört dazu und ist für viele, die Mühe damit haben, gut zu lesen, dass sie damit nicht alleine auf der Welt sind.
    Also doch gut, dass du dich mit dem zeigst was gerade eben ist!
    Herzlichst, Ulli

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    1. Ja, das stimmt. Das Leben hat nicht nur Sonnenseiten, die dunklen gehören dazu, und in meinem Blog gibt es von allem etwas, wenn auch vielleicht doch ein bisschen mehr vom Negativen 😉 Aber darüber zu schreiben hilft, darin auch das Positive zu sehen. Man wächst an dem, was man auf diese Weise verarbeitet, wie man darüber denkt. Man lernt dazu. Ich lerne dazu 🙂

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  2. Ach ruf doch einfach Deinen „DUH“ (aus Deiner Geschichte ‚Andersrum‘ – nimm den Stein mit der leuchtend gründen Mulde und ruf ihn. Erzähl ihm was Dich drückt und Du wirst sehen…. 😉

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  3. Liebe Rosa,
    Danke für diese „nicht weltbewegende“ Erzählung deines Erlebten. Ich denke, dass es deine Welt bewegt hat und damit ist es erzählen wert. Vor allem die Tatsache, dass auch eine Depression nur temporär vorhanden sein kann und sich dann wieder verabschiedet ist unserer Ansicht nach sogar ein großer Sieg und gar keine Niederlage.
    Ganz herzliche Grüße 👍💖🏵️
    „Benita“

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