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Beschlossen – Ausgeführt

Überarbeitete Neuveröffentlichung

Über das Leben meines Großvaters, den ich nie kennenlernen durfte, ist mir nur wenig bekannt. Doch darüber, wie und warum er sterben musste, weiß ich mittlerweile mehr.

Seine eigenen Großeltern lebten einst in Rheinland-Pfalz. Sie waren 1807 zunächst nach Ungarn und schließlich 1810 in die Ukraine ausgewandert.

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„Wir sitzen den Krieg in der Küche aus und trinken uns die Welt schön“

Auf den Punkt: Interessante und aufschlussreiche Sichtweisen auf den Krieg in der Ukraine und die Reaktionen der russischen Bevölkerung. Solange das eigene Land nicht angegriffen wird, ist es kein Krieg? Konsumieren statt protestieren. „Wir sitzen den Krieg in der Küche aus und trinken uns die Welt schön.“ Über eine Gesellschaft, die auf Gewalt aufgebaut ist.

Wird es zu einem Frozen Conflict kommen?

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Neue Reklame in Russland

Ohne Kommentar

Ein Plakat in Russland (direkt am Apotheken-Eingang) fordert auf.
„Wenn du mich heute beschützt, kann ich dich morgen beschützen“ [sagt das Ungeborene]. Darunter: „Abtreibung ist keine Frage des Gewissens, sondern die Tötung eines Menschen“.

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Die „Unterhaltung“

Etwas Neues aus Odnoklassniki (ihr wisst – die Plattform, auf der sich viele Russischsprachige herumtreiben – nicht nur Putins aggressive Befürworter, auch solche, die Widerworte geben (darunter auch ich).
Die Tage hatte ich ein Video geteilt, in dem die zerbombten ukrainischen Städte gezeigt werden und in dem eine Stimme die Russen auffordert, ganz genau hinzusehen …
Daraufhin entbrannte folgende Diskussion zwischen einer Userin und mir.
Ich übersetze – gewissermaßen etwas frisiert, da die russischen Obszönitäten sich nicht ins Deutsche umwandeln lassen. Aber das kennt ihr sicher schon.

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Heute undenkbar

Nachtrag zu „Russische Seele?“

Im vorigen Beitrag hatte ich ja erwähnt, dass ich 2003 meine alte Heimat besuchte. Zu dieser Zeit war die Atmosphäre in Russland eine andere, man dachte (zumindest hoffte man), das Land sei auf dem guten Weg. Heute besteht kaum noch eine Chance und auch das wenige Positive ist fast gänzlich durch Repressalien und unter ausgebreitetem Größenwahn der Bevölkerung vernichtet worden. Putin und sein Gefolge haben es geschafft, Russland in den Abgrund zu stürzen. Daraus wieder nach oben zu kommen, wird ungemein schwer sein … wenn nicht gar unmöglich.

Zu der Reise gibt es einen ausführlichen Bericht, bei BookRix als e-Book veröffentlicht. Er beinhaltet unsere ziemlich abenteuerlichen und manchmal mit kleinen Schrecken versetzten Erlebnisse sowie zahlreiche Fotos.

Nein, ich bereue nicht, dass ich diese Reise damals unternommen habe. Trotz alledem sage ich – nie wieder! Ich denke, das ist nachvollziehbar, in Anbetracht meiner persönlichen Geschichte und der gegenwärtigen politischen Situation.

Also, wer sich traut: herzlich willkommen im Land meiner Albträume. Aber ihr braucht keine Angst zu haben – ich begleite euch auf Schritt und Tritt. 😉

„Die Reise zurück“

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Russische Seele?

Ein Tipp aus den täglichen Schreibanregungen des WordPress fiel mir heute ins Auge:

Nenne eine Frage, die du gar nicht gern gestellt bekommst. Warum?

Es ist nicht bloß eine Frage, sie klingt bisweilen schon als Feststellung: „A, du bist eine Russin?“
Früher hörte ich sie allerdings öfter, aber auch da schon sträubte sich alles in mir dagegen. „Nein, bin ich nicht! Ich bin eine Deutsche, in Russland geboren.“
Ich wollte schon damals keine Russin sein und heute will ich es nun gar nicht. Nein, ich möchte nicht mit dem Volk in Verbindung gebracht werden, das einen Vernichtungskrieg führt.

Manchmal sagt man mir auch nach, ich habe eine russische Seele. Diesen Spruch kann ich ebenso wenig leiden. Meiner Meinung nach, gibt es keine russische, deutsche, italienische oder ukrainische Seele, es gibt nur eine – die menschliche! Oder aber es gibt Zweibeiner ohne Seele. Zu denen zähle ich all diejenigen, die in Russland dafür stimmen, geradezu aufrufen, andere Menschen und sogar ein ganzes Land zu vernichten, die einen gegenwärtigen Diktator bejubeln und einen vergangenen wieder auf das Podest heben. Dabei halten sie sich für das große, ausgesprochen friedliche Volk mit besonderer Mission, nämlich die „bösen“ Westen und Amerika (in der Ukraine!) zu bekämpfen. Zu solch einem verlogenen Volk gehöre ich nicht. Punkt.

In Moskau. Unglaublich, aber wahr – 2003 waren meine Frau und ich in Russland. Heute sage ich – nie wieder.
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„Du hast mich zum Weinen gebracht“

Heute ist meine Schwester Aneta 80 Jahre alt geworden. Aneta spielt eine besondere Rolle in meinem Leben. Elf Jahre älter als ich, war sie für mich in meinen jungen Jahren eine der wichtigsten und vertrauenswürdigsten Menschen. Sie hatte es nicht leicht in der Familie und auch als Erwachsene viel durchmachen müssen. In meinem Buch gibt es ein Kapitel über sie: „Das ungeliebte Kind“. Ja, das war Aneta für unseren Vater – ein ungeliebtes Kind.

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Nicht nur Eigenwerbung

Der neue Literaturalmanach 2022 mit Werken der russlanddeutschen Autorinnen und Autoren ist bei mir angekommen. Ich freue mich aufs Lesen, denn ich weiß – es wird bewegend. Umso größer die Freude, da auch mein Beitrag, mit dem Titel „Der Kreis hat sich geschlossen“, sein Plätzchen im Buch fand.

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Kompromiss (manchmal geht es nicht anders)

An einen lieben Menschen

… Zu unserer Auseinandersetzung möchte ich Dir doch noch ein paar Zeilen schreiben. Eins vorab: ich weiß, dass Du einen Sinn für Gerechtigkeit hast und die Wahrheit Dir wichtig ist, dass Du alles hinterfragst und Antworten suchst. Aber das tue ich auch! Ebenso wie Du, verabscheue ich das grausame und sinnlose Töten, ganz gleich, ob es Ukrainer und Russen sind, die sterben müssen, oder ein anderes Volk.

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Diskriminierung als Gesetz

Russland auf dem Weg ins Mittelalter

Das in Russland schon vor Monaten angekündigte neue Gesetz ist nun am 5. Dezember vom Präsidenten unterzeichnet. Es verbietet die Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen, Geschlechtsumwandlungen und (in demselben Atemzug sozusagen!) Pädophilie. Somit wird homosexuelle Orientierung und Pädophilie praktisch gleichgestellt.
Das Gesetz gilt für alles, woraus Informationen gezogen werden können – Filme, Bücher, Computerspiele, Medien und so weiter. Es ist auch verboten, eine bestimmte Kategorie von Waren zu verkaufen, aber es gibt keine klaren Kriterien dafür, was als Propaganda angesehen werden kann. Ich befürchte, dass sogar Kinderzeichnungen, die einen Regenbogen zeigen, darunter fallen können. Werden dann die Eltern zu Verantwortung gezogen oder gar das Kind persönlich?

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Bis ins Bodenlose

Hat die Unmenschlichkeit eine Grenze? … Wenn ich so manche Äußerungen aus der russischen Bevölkerung lese oder Videos sehe, dann komme ich zum Ergebnis – sie geht bis ins Bodenlose. Da scherzen Moderator Anton Krasovsky und Schriftsteller Sergej Lukjanenko in einer Fernseh-Talkshow über russische Vergewaltiger in der Ukraine, sie hätten Viagra erhalten, um ukrainische Omas zu vergewaltigen. Diese Omas würden doch ihre Ersparnisse dafür hergeben, um von russischen Soldaten vergewaltigt zu werden! Im selben Gespräch einen Augenblick weiter ruft Krasovsky auf, ukrainische Kinder zu ertränken und zu verbrennen, damit aus ihnen keine Feinde Russlands heranwachsen. Dagegen scheint ja die Tatsache, dass Kinder auf jede Art und Weise in der Ukraine eingesammelt und für die Umerziehung nach Russland verschleppt werden, schon fast harmlos.

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Wer A sagt, muss auch B sagen …

Danke an Wildgans für die wunderbare Idee! Nun kommt mein heutiges ABC.

A Ananitschev, mein Nachname. Gewöhnlich werde ich von Unbekannten gebeten (etwas verlegen), meinen Namen zu buchstabieren. Nur Wenige wiederholen ihn auf Anhieb richtig und sogar mit der richtigen Betonung: Anánitschev.
Woher kommt er? Die Antwort ist einfach – es ist der Name meines Mannes. Ich hätte ihn, als ich neu heiratete, ablegen und den Nachnamen meiner Frau oder auch meinen Geburtsnamen nehmen können. Aber das wollte ich nicht. Ananitschev sollte bleiben – als Erinnerung an einen Menschen, der mir immer noch viel bedeutet.

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Für Ida

In Gedenken an meine Schwester Ida. Sie starb am 29. September 2017.

Meine liebe Schwester, es tut mir unendlich leid, dass ich diese Zeilen erst jetzt schreibe und Du sie nicht mehr lesen kannst. Auch in meinem Buch habe ich Dich nur am Rande erwähnt, obwohl mich mit Dir doch so vieles verbindet. Und es tut mir leid, dass wir in den letzten Jahren Deines Lebens außer gelegentlichem Telefonieren keinen regelmäßigen Kontakt hatten. Wie so oft, wird es einem bewusst, was man alles versäumt hat, erst dann, wenn es zu spät ist.

Quelle: Für Ida – Rosa Ananitschev Autorenseite

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Nichts war gut

Manchmal rufe ich in Google Maps meinen Wohnort aus dem früheren Leben auf. Es ist ein seltsames Gefühl, die Straße und das Haus zu sehen, in dem ich 17 Jahre meines erwachsenen Lebens verbracht habe – bis Mitte November 1992. Mich wieder in diese andere Welt, wenn auch nur gedanklich, zurückzuversetzen, fällt mir schwer und bringt mich in eine albtraumhafte Stimmung. Es ist wie an einen Ort des Schreckens zurückzugehen – du fürchtest dich davor, aber gleichzeitig zieht es dich hin.

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Jetzt wissen wir’s

Gestern in den Tiefen von Odnoklassniki diese Perlen der menschlichen „Intelligenz“ entdeckt. Ein User, der sich Wiking nennt, hat vollen Ernstes in einer Diskussion erklären wollen, warum Menschen homo- oder transsexuell sind. Er wohnt in Deutschland und stammt, wie ich vermute, aus Russland (sein Russisch ist allerdings so miserabel, dass es schlimmer kaum noch geht).
So etwas hat die Welt noch nicht gewusst. Aber jetzt! Haltet euch bloß fest und fallt nicht vom Stuhl!

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Beim Recherchieren entdeckt

Zu meiner großen Überraschung entdeckte ich neulich beim Recherchieren eine meiner Übersetzungen nach dem Buch „In der sibirischen Kälte“, veröffentlicht auf der Homepage des Deutschen Hauses der Republik Tatarstan.

Ja, ich erinnere mich, dass ich 2021 diesen Text, in dem es um meinen Vater geht, auf Anfrage des Leiters eingereicht habe. Da keine Rückmeldung kam, dachte ich, daraus wäre nichts geworden. Aber – siehe da, die Geschichte wurde doch veröffentlicht.

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Die Sprache des Aggressors

Ein seltsames Gefühl kommt in mir auf, wenn ich meine Texte aus dem Deutschen ins Russische übersetze, wenn ich daran feile, um sie besser, aussagekräftiger zu machen. Ich empfinde dabei einen Hauch von Widerwillen, sogar so etwas wie … Schuld? Scham? … Es ist irrational – die Sprache kann nichts dafür, dass ein Staat, zu dem sie gehört, andere Länder überfällt und Kriegsverbrechen begeht. Bedauerlich, aber nachvollziehbar, dass Russisch zur Zeit von vielen verpönt wird. Für die einen ist sie die Sprache des Aggressors und des Feindes. Die anderen halten sie gar für geringwertig und verachten sie.

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Veröffentlicht in Diktatur, Menschsein, Persönliches

Was würde Eugen sagen?

Was würde mein Mann und nach unserer Trennung – mein lieber Freund zum Krieg in der Ukraine sagen? Als Russe hatte er einen viel engeren, persönlicheren Bezug zu Russland als ich. Allein schon aus dem Grund, weil dort seine Verwandte und ArbeitskollegInnen lebten. Dort sind seine Eltern und sein Bruder beerdigt.
Eins weiß ich – in Deutschland fühlte Eugen sich angenommen und zu Hause. Hier hatte er neue Freundschaften geschlossen, scheute es nie, Deutsch zu reden und Gespräche über verschiedene, manchmal schwierige, Themen zu führen, auch wenn er die Sprache nicht perfekt beherrschte. Schon wenige Monate nach unserer Ankunft hatte er einen Job gefunden, zwar nicht in seinem Beruf als Lehrer, sondern als einfacher Fabrikarbeiter, aber die Arbeit befriedigte ihn und gab ihm das Gefühl, ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein.

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