Gedanken nach einer besonderen Woche
von Ramona Linné
Es gibt Wochen, die sind lange vorbereitet, und doch entfalten sie erst im Erleben ihre ganze Tiefe. Die Kampagnenwoche „Worte statt Wunden – Gemeinsam gegen Häusliche Gewalt“ war für mich genau eine solche Woche. Eine Woche des Hinschauens, des Ansprechens, des Handelns und vor allem eine Woche der Begegnungen.
Für mich persönlich war diese Woche ein ganz besonderer Schritt. Zum ersten Mal habe ich ein so großes, landesweites Präventionsprojekt für die Polizei des Landes Brandenburg organisiert und in Form von fünf zentralen Veranstaltungen in Potsdam durchgeführt.
Im Vorfeld gab es viele Gedanken, Fragen und auch Zweifel. Im Nachgang bin ich ehrlich gesagt überwältigt. Überwältigt davon, wie viele Polizistinnen und Polizisten im ganzen Land dieses sensible Thema aufgegriffen und in ihren eigenen Lesungen mit Leben gefüllt haben.
Die Art und Weise, wie Kolleginnen und Kollegen das Thema „Häusliche Gewalt“ vor Ort umgesetzt haben, hat mich tief beeindruckt. Besonders berührt hat mich ein Beispiel aus Finsterwalde. Dort entstand im Anschluss an eine Vorlesung gemeinsam mit einer Schule ein eigener Film, der sich mit dem Thema auseinandersetzte. Genau solche Prozesse zeigen, was Prävention bewirken kann, wenn sie Menschen erreicht. Prävention ist wichtig und sie wirkt.
Gerade für junge Menschen, die sich in ihren ersten Paarbeziehungen orientieren und erste Erfahrungen sammeln, ist Aufklärung von unschätzbarem Wert. Früh darüber zu sprechen, was Respekt bedeutet, wo Grenzen verlaufen und dass Gewalt niemals dazugehört, kann Wege eröffnen, bevor sich destruktive Muster verfestigen. Wenn wir (alle) hier ansetzen, investieren wir in die Zukunft.
Dass wir das Thema „Häusliche Gewalt“ aus der Polizeibehörde heraus in den öffentlichen Raum getragen haben, war ein bewusster Schritt. In Bibliotheken, Universitäten, Schulen, im Landtag und in der Staatskanzlei wurde gelesen, gesprochen, zugehört. Und immer wieder wurde spürbar, dass Gewalt kein Randthema ist.
Sie ist da.
Oft leise.
Oft unsichtbar.
Aber real.
Besonders berührt hat mich dabei der Mut derjenigen, die ihre Stimme erhoben haben. Allen voran Rosa.
„Liebe Rosa, dein eigenes Vorlesen war mehr als ein literarischer Beitrag. Es war ein Zeichen. Ein Zeichen von Haltung, von Verletzlichkeit und von Stärke zugleich. Sich mit den eigenen Worten und der eigenen Stimme in diesen Kontext zu stellen, erfordert Mut, und genau dieser Mut hat Menschen erreicht. Du hast Räume geöffnet, in denen Zuhören möglich wurde, und Momente geschaffen, in denen Betroffene sich gesehen fühlen konnten. Dafür empfinde ich große Dankbarkeit.“
Immer wieder habe ich in Gesprächen erlebt, wie Menschen stehenblieben, zunächst zögerten, dann lauschten und schließlich ins Gespräch kamen. Manche erzählten zum ersten Mal von eigenen Erfahrungen, andere fragten leise nach Hilfsangeboten. Diese Momente zeigen, warum Worte so wichtig sind. Worte können verletzen, aber sie können auch heilen. Sie können Brücken bauen, wo vorher Sprachlosigkeit war.
Diese Woche hat mir einmal mehr gezeigt, dass wir nicht ohnmächtig sind. Jede und jeder von uns kann etwas tun. Hinschauen, wenn etwas nicht stimmt. Ansprechen, auch wenn es unbequem ist. Handeln, bevor aus Worten Wunden werden oder aus Wunden noch tiefere.
Trotz der Schwere des Themas nehme ich vor allem Hoffnung mit. Hoffnung, weil so viele engagierte Menschen zusammengekommen sind. Hoffnung, weil junge Kolleginnen und Kollegen offen, empathisch und zugewandt auf die Bevölkerung zugegangen sind. Und Hoffnung, weil Autorinnen wie Rosa mit ihren Texten und ihrer Präsenz zeigen, dass Mut ansteckend sein kann.
Ich bin sehr stolz darauf, diese Kampagne ins Leben gerufen zu haben. Nicht, weil sie perfekt war, sondern weil sie ECHT war. Weil sie Menschen berührt, zum Nachdenken angeregt und zum Handeln ermutigt hat. Wenn diese Woche eines bewiesen hat, dann, dass Veränderung oft leise beginnt, vielleicht mit einem Text, einer Stimme, einem offenen Ohr. Und manchmal reicht genau das, um jemandem den ersten Schritt aus der Gewalt zu ermöglichen.
Danke an alle, die gelesen, zugehört, unterstützt und hingeschaut haben. Und danke an dich, Rosa, für deine Worte und für deinen Mut.
Liebe Grüße auch an Dagmar, die dich stets ermutigt und dir die nötige Kraft gegeben hat!
Ramona Linné
Nachwort
Nachdem ich die Überschrift gesetzt habe, halte ich einen Moment inne und frage mich, ob es überhaupt ein Nachwort zu den so ehrlichen und klaren Worten von Ramona Linné braucht. Eigentlich hat sie alles gesagt, und mir bleibt nur, diese Worte, wie von ihr gewünscht, mit meinen Leserinnen und Lesern zu teilen. Und das tue ich hiermit sehr gern.
Was ich dennoch hinzufügen möchte, ist dies: Ich bin dankbar, dass ich Teil dieser Woche sein durfte, und hoffe von Herzen, dass mein Beitrag auf irgendeine Weise etwas Gutes bewirken konnte.
Beitragsbild von Diana Cibotari auf Pixabay.

