Meine Schwester ist seit Montag wieder im Heim. Im Krankenhaus hat sie es nicht mehr ausgehalten. Als sie dem Arzt mitteilte, dass sie die Behandlung nicht weiter zulassen wird, gab er sich erstaunt. „Aber ich habe Ihnen doch erklärt, dass es ein langer Weg ist. Wir können ihre Depression nicht heilen, nur etwas mildern – das braucht jedoch viel Zeit“. Worauf Aneta ihm sagte, sie wisse nicht, wie viel Zeit sie überhaupt noch habe, vielleicht nur noch wenige Tage, und die möchte sie gewiss nicht in einer geschlossenen Psychiatrie verbringen.
„Doch kein Licht“ weiterlesenSchlagwort: Psyche
Licht am Ende des Tunnels?
Wir sind wieder zurück aus Berlin, wo wir meine Schwester im Krankenhaus besucht haben. Die Atmosphäre in der Psychiatrie war sehr bedrückend. Weil in der offenen Station kein Bett frei war, befindet sich Aneta in der geschlossenen, und zurzeit ist da auch noch Corona ausgebrochen. Das heißt: Die Patientinnen und Patienten dürfen ihre Zimmer nicht verlassen, werden, sobald sie hinausgehen, wieder zurückgescheucht, und müssen Masken tragen. Also, doppelt und dreifach eingesperrt. Aber wir konnten sie besuchen, wenn auch mit Mundschutz, und sie hat sich sehr darüber gefreut.
„Licht am Ende des Tunnels?“ weiterlesenWenn die Hoffnung langsam stirbt
In diesem Beitrag geht es um meine Schwester Aneta, die sich seit zwei Wochen in der Psychiatrie befindet. Wie es dazu kam, ist eine lange Geschichte. Die kurze Version: Da alle bisherigen Medikamente ihre Depression nicht lindern können, hat die zuständige Psychiaterin sie in die Klinik eingewiesen.
„Wenn die Hoffnung langsam stirbt“ weiterlesenDamit muss ich leben
Man schreibt mir zu, eine starke und mutige Frau zu sein. Ich selbst würde sagen, dass ich auf jeden Fall kämpferisch bin und nicht so leicht aufgebe. Und doch sitzen so manche Ängste in mir, die sich nicht austreiben lassen. Einige davon sind auf den ersten Blick kaum zu erklären. Dazu gehört die Furcht vor der Dunkelheit, davor, nachts allein schlafen zu müssen. Sie begleitet mich schon seit jungen Jahren, aber ich denke, in Wirklichkeit seit meiner Kindheit. Bloß als Kind konnte ich sie nicht wahrnehmen, da es in der großen Familie praktisch nie dazu kam, dass ich allein im Haus war.
„Damit muss ich leben“ weiterlesenEndlich!
Gestern war ich bei der neuen Psychiaterin in einer Gemeinschaftspraxis in Schwerte. Wegen eines Termins hatte ich Ende Februar angerufen und war erstaunt, dass ich ihn schon in wenigen Wochen bekommen kann, dachte mir noch: Ob das ein gutes Zeichen ist? Die monatelangen Wartezeiten bei den Fachärzten sind ja mittlerweile fast zu Selbstverständlichkeit geworden.
„Endlich!“ weiterlesenUpdate zu „Schock“
Bei meiner Schwester wird die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) eingesetzt. Die erste Behandlung war heute, die nächste (von insgesamt acht bis zehn) ist am kommenden Dienstag. Noch trat keine Besserung ein und Aneta ist immer noch im tiefen „Loch“ und will nicht mehr leben. Tröstende oder aufbauende Worte sind nutzlos und sogar fehl am Platz. Sie muss allein durch diese Hölle. Das äußerst Qualvolle in ihrer Situation (kenne ich aus meiner – ähnlichen) ist die Zeit. Zäh und dickflüssig, bleibt sie fast stehen, ist unendlich und hat keinen Ausweg. Man ist darin gefangen – für immer und ewig …
Es nimmt mich sehr mit, aber ich kann nichts tun, nur hoffen, dass die Therapie nach der zweiten, oder dritten, oder vierten Anwendung doch noch anschlägt.
Oh, Schreck!
Schlechte Nachricht – nicht nur für mich, für andere Patienten von Frau Dr. med. Krystyna Muszynski, Fachärztin für Nervenheilkunde in Hemer – sicher auch. Sie hört auf zu praktizieren. Das erfuhr ich heute, als ich meine Rezepte abholen wollte. Einen Nachfolger / eine Nachfolgerin hat sie nicht, ich muss mich also selbst um eine neue Anlaufstelle kümmern. Das wird nicht leicht sein. PsychiaterInnen sind Mangelware, bzw. gibt es zu viele Hilfesuchenden in diesem Bereich. Dann noch soll es eine Frau (wünschenswert!) und natürlich eine gute in ihrem Fach sein. Finde mal in der Umgebung beides in einem, wenn doch neue Patienten meistens von vornherein abgelehnt werden. Mit Frau Doktor Muszynski habe ich mich all die Jahre (25 etwa) sehr gut verstanden, mehr sogar schon auf freundschaftlicher Basis, und fühlte mich in ihrer Praxis gut aufgehoben.
Ich bin, offen gesagt, ein wenig im Panikmodus. Gerade jetzt – in der Vorweihnachtszeit, in der ich doch ohnehin psychisch nicht auf der Höhe bin, hätte das nicht sein müssen. Obwohl – ja, damit muss man rechnen / hätte ich rechnen müssen. Auch Ärzte gehen in Rente. Es kam nur so plötzlich. Das finde ich wiederum nicht in Ordnung. Man hätte etwas früher die Patienten und Patientinnen benachrichtigen sollen, nicht zwei Wochen vor Schluss.
Nun – es ist, wie es ist, und nicht zu ändern. Ich werde es überleben. Hauptsache, ich bekomme meine Medikamente. Vielleicht wird die Hausärztin sie mir auch verschreiben – nach dem für mich ausgestellten Medikamentenplan?
Ruhe nach dem Sturm
Heute geht es mir besser. Das Ungreifbare ließ sich zwar immer noch nicht greifen und das wird mir wohl auch nie gelingen, aber es ist verschwunden und darüber bin ich froh. Nur eine schwache Ahnung, Müdigkeit und tiefe Traurigkeit sind zurückgeblieben.
Diesmal dauerte es länger als sonst, bis der „Sturm“ abzog, vielleicht wirklich – wie von Heather in ihrem Kommentar vermutet – deswegen, weil gerade so viel Negatives in der Welt geschieht …
Also – abhacken! 🙂 Es gibt so viel Schlimmeres als ein kleines, wenn auch unerklärliches und unheimliches Hirngespinst.
Das nicht Greifbare
Es hat mich wieder in seiner Gewalt – das Unheimliche, das nicht Greifbare – schon seit Samstagmorgen. Diesmal dauert es viel länger als sonst.
Gedanken- und Bilderfragmente ploppen aus meinem Unterbewusstsein (oder wo auch immer sie herkommen) auf. Noch bevor ich etwas fassen, verstehen oder „ansehen“ kann, entziehen sie sich meinem Verstand, flüchten vor mir. Hin und wieder überflutet mich ein ganzer Schwarm davon und löst jedes Mal einen heftigen, heißen Schwindelanfall aus. Das alles fühlt sich äußerst befremdlich an, ist zermürbend und macht mir Angst. Ich will, dass es endlich aufhört! Aber mich dagegen wehren kann ich nicht, ich kann nur warten, bis diese Schnipsel, Fetzen und Splitter wieder untertauchen und der Sturm in meinem Kopf sich legt.
Folgender Button führt zu einem früheren Blogartikel von mir (erklärend zum Thema):
Die Ferndiagnose
Obwohl ich mich zunächst entschlossen hatte, dem keine Beachtung zu schenken und mich nicht aufzuregen, merke ich, dass es mir doch keine Ruhe lässt. Also habe ich beschlossen, die Sache auf eine andere – auf meine – Art abzuhaken: indem ich meinen Gedanken hier freien Lauf lasse.
„Die Ferndiagnose“ weiterlesenHeimsuchung
NIBIRU schreibt ausdrucksstarke und wunderschöne Gedichte, die so viel an Lebenserfahrungen, Gefühlen und Empfindungen wiedergeben, dass ich oft denke – ja, genauso hätte ich es auch gern in Reime gefasst, wenn ich denn könnte. Aber zum Dichten fehlt mir das Talent, dafür kann ich jedoch ein bisschen Prosa ;-)
„Heimsuchung“ weiterlesenZersplittert
Zum ersten Mal wurde ich damit im Alter von neunzehn Jahren konfrontiert. Es war, als ob sich plötzlich ein Aktenvernichter in meinem Kopf aktivierte, der meine Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen lautlos kleinhackte. Wie vom Donner gerührt, verstand ich in dem Augenblick nicht, was da in meinem Hirn abgeht, und als nach relativ kurzer Zeit (Minuten, Stunden?) der ‚Aktenvernichter‘ verschwand und normale Gedanken wieder möglich waren, war ich sehr erleichtert. Ich schrieb diese Merkwürdigkeit meiner Müdigkeit zu – ich fühlte mich an dem Tag wirklich ziemlich erschöpft.
Leider blieb es nicht bei diesem einen Mal.
Ein Tag von vielen
Es gibt Tage, an denen ich schon beim Aufwachen weiß – dieser wird nicht gut … Ich öffne die Augen und möchte sie am Liebsten wieder schließen und so diesem qualvollen Gefühl entfliehen, dem Gefühl, das man als Depression bezeichnet. Ich hasse dieses Wort – seit dem Augenblick, als ich begriffen habe, dass sie Teil meines Lebens ist. Aber es hilft nicht, der Hass schreckt die graue Hexe (wie ich sie oft selbst nenne) nicht ab und lässt sie nicht verschwinden.
Zum ersten Mal besuchte sie mich vor vielen, vielen Jahren – ich war noch ein Kind … und seitdem kommt sie immer wieder mal vorbei. Sie schleicht sich meistens schon nachts in meinen Schlaf und sobald ich wach bin, schlägt sie voll zu. Sie trampelt auf mir herum und raubt mir den Mut, die Kraft und die Freude. Gemein und hinterhältig sucht sie sich meine Schwächen heraus und setzt sie gegen mich ein. Das ist es ja, was sie doppelt so abscheulich macht – wenn sie einmarschiert, dann schleppt sie in ihrem Schatten, um Vielfaches vergrößert, alle meine Sorgen und wunden Punkte mit. Sie schüttet sie über meinen Kopf aus und grinst dabei: „Na, wie wirst du damit fertig?“
Den Tag zu beginnen ist eine Qual. Aber ich ignoriere sie. Ich versuche es zumindest! Ich bin ich, ich bin stärker! Ich stehe auf, ich lebe meinen Tag, Schritt für Schritt. Obwohl jeder Schritt einem Kampf gleicht, jeder Schritt mir Angst macht und manchmal eine enorme Überwindungskraft erfordert. Zum Glück – sage ich mir – zum Glück ist sie diesmal allein, ohne ihren Partner. Denn der … der ist noch viel grauenvoller. Der ist ein Monstrum unter Monstern. Sein Name ist Panik und er ist nur aufs Vernichten aus …
Wie an jedem unschönen Tag, der so anfängt, frage ich mich – was ist passiert, warum ist die Depression wieder da? Ich versuche mich zu erinnern, was ich geträumt habe … Obwohl ich immer viel und oft in allen Farben träume, sehe ich diesmal nichts außer einer leeren, dunklen Wand. Ich begreife (natürlich tue ich das, ich habe schließlich reichlich Erfahrung mit meiner Psyche) – mein Schutzschild hat sich eingeschaltet und ganze Arbeit geleistet, hat den Pinsel genommen und die Bilder, die ich vergessen sollte, die ich nicht mehr sehen durfte, mit schwarzer Farbe übermalt. Nur den Schmerz und die schon entstandenen Gefühle, die letztendlich die graue Hexe herbei lockten, die konnte er nicht wegwischen. Wie auch? …
Der Abend naht und mit ihm kommt die Erleichterung. Das Ungeheuer lässt von mir ab … Wie gut, dass ich nicht allein bin, dass ich jemanden an meiner Seite habe, der mich nicht fallen lässt, mit dem ich reden kann und der immer für mich da ist … Wie gut, dass es Musik gibt, die ich in solchen Momenten hören kann, die mit meinen inneren Saiten im Einklang ist, die sich wie Balsam um meine Seele legt und den Schmerz lindert.
Es ist überstanden. Wieder einmal.
Zum Thema Panik: https://www.rosa-andersrum.de/nachdenkliches/gefangen/

