Wie ich sehe, schlummern achtzehn Entwürfe in meinem Blog … und ich kann mich Tage über Tage nicht aufraffen, etwas davon fertig zu stellen. Woran liegt es? Am Mangel an Konzentration, Antrieb und Schreiblust? An der Jahreszeit, die mir immer zu schaffen macht? Am zunehmenden Alter? Oder an der Sorge um meine Schwester Aneta, der es wieder so schlecht geht? An allem zusammen? Auf jeden Fall gelingt es mir nicht, auch nur länger über den einen oder anderen meiner Entwürfe nachzudenken – schon setzt der Drang ein, die Flucht davor zu ergreifen.
Auch auf meiner Homepage tut sich dementsprechend nicht viel. Gerade blätterte ich „Rosas Blog“ durch, den ich schon 2014 darin eingebunden hatte (da existierte dieser WP-Blog noch gar nicht). Seufzend wollte ich ihn ebenso wieder verlassen, da fiel mein Blick auf eine Überschrift „Eine Reise auch in meine Kindheit“.
Es ist ein Beitrag, der den Kommentar von Adina H. zu meinem Buch enthielt, den sie mir 2016 zukommen ließ. Er hat mich seinerzeit zu Tränen gerührt und ich gebe zu – das tut er heute immer noch, jedoch mehr auf schmerzliche Weise. Sie erlaubte mir damals, das Feedback auf meiner Homepage zu veröffentlichen. Nun verspüre ich doch einen Wunsch, und zwar – ihre Worte noch einmal hier und jetzt zu zitieren.

Rosa, ich habe es durch, Dein Buch ‚In der sibirischen Kälte‘! Und ich bin tief beeindruckt … ehrlich. Vieles in Deinen sehr offenen Schilderungen hat mich zum Nachdenken gebracht, einige Momente – zum Lachen. Einiges hat mich auch traurig gestimmt.
Du hast so viele Erinnerungen, die in meinem Gedächtnis schon sehr verblasst waren, wieder ins Leben gerufen. Es war eine Reise auch in meine Kindheit, mit allen Höhen und Tiefen, und in die Jugendzeit, in unserem, doch eher schönem Dorf, unserem Schönfeld. Weißt Du, Rosa, woran ich denke … wie viele Wege und Pfade gibt es in den Wäldern, Wiesen und Feldern, in dem ausgetrockneten Sumpf, wo wir, wenn auch getrennt, gewandert sind. Der Baggersee, die Schule … und so viel mehr verbindet uns … Obwohl wir uns nie besonders nah waren, wo wir doch fast Nachbarn waren, hat mich Dein Buch Dir ein ganzes Stück näher gebracht.
Du bist klasse! Ich wünsche Dir viel Erfolg und gewiss Inspiration und Kreativität beim Verfassen Deiner weiteren Werke, die es mit Sicherheit doch noch gibt, oder?
Und ich bin auch ein bisschen stolz, dass ich so eine землячка* habe.
„Bei einem Schriftsteller muss man, wie bei einem Chirurgen, das Gefühl haben, in guten Händen zu sein, damit man sich im Vertrauen betäuben lassen kann.“
/Saul Bellow (*1915-†2005), amerikanischer Schriftsteller/
Und das Gefühl, „in guten Händen zu sein“, hatte ich beim Lesen Deines Buches. Jetzt fange ich mit „Andersrum“ an und bin mir sicher, es wird genauso spannend sein.
Viel Glück Dir und viele zufriedene und dankbare Leser!
Adina
* землячка /semljatschka – russisch: eine Frau, die aus der gleichen Gegend, dem gleichen Ort oder dem gleichen Land kommt. Vergleichbar mit „Landsfrau“.
Mein Nachwort von heute
In den letzten Jahren ist in Russland so viel Schreckliches geschehen, das zwangsläufig auch unser beider Leben beeinflusst hat. Ich weiß, Adinas Gefühle haben sich genauso verändert, wie auch meine. Wenn ich an das Schöne in der Vergangenheit denke, dann wird es vom Dunklen überschattet; die Gegenwart des Landes macht fast alles Gute zunichte. Das Leben hat sich verändert, Werte haben sich verändert. Männer ziehen in den Krieg, viele freiwillig – für Geld, und manche, um ihre finsteren Neigungen ausleben zu können. Diejenigen, die zurückkommen, sind verkrüppelt oder in Bestien verwandelt – Gewalt und Verbrechen werden zum Alltag. Die Menschen feiern ihren großartigen Führer Putin, Stalin wird erneut auf das Podest gehoben. Die Diktatur blüht auf. Was ist mit den Menschen dort passiert, frage ich mich und habe keine Antwort.
Ist dieses Land immer noch unsere Heimat oder bloß der Geburtsort ohne jegliche wertvolle Bedeutung? Auf jeden Fall löst die „Reise“ in meine sibirische Kindheit kaum noch Heimatgefühle aus und mir wird klar – solch eine Heimat möchte ich nicht haben.


Das ist schön, dass du so kritisch über deine Heimat denkst und ich denke, dass viele Menschen in Russland ähnlich denken, aber sich nur nicht trauen etwas zur Änderung beizutragen. Man kommt ja schon nach einem Furz ins Gefängnis, wenn der Furz sich nicht Putin andient .. Alles Liebe dir und weiterhin die Kraft, zu veröffentlichen, denn es ist deine Aufgabe vor Gott, Zeugnis über Russland abzulegen. Du bist zwar nur ein Stein in der Mauer wie wir alle, aber jeder Stein zählt, wie Roger Waters in ‚The Wall‘ bereits sagte.
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Das denke ich auch – jeder Stein zählt. Danke dir!
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Ich hatte auch eine Groß-Tante, die Adina hieß. Ein ungewöhnlicher Name, wie ich finde.
Von Russland und Putin hab ich fast dieselbe Meinung wie Du. Er ist ein Monster und das, was er produziert ist blanker Horror. Verwandte von mir wollen nach Russland reisen über die Türkei. Ich hätte da Angst. Aber sie wollen ihre alte Mutter besuchen, so lange sie noch lebt. Anscheinend geht es gut über die Türkei.
Schade, dass Du so eine Schreibblockade hast. Ich lese Deine Lebenszeichen immer sehr gerne. Sei nicht so anspruchsvoll mit Dir! Schreib einfach drauflos.
Ja, gut, außer, Du steckst wirklich in einer Depression, dann geht das natürlich nicht. Dann wünsche ich Deinem Gemüt Gute Besserung, womit auch immer Dir da geholfen wäre! 🎄🌟✨🍀🎶
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Es ist auf jeden Fall kein russischer Name. Vielleicht ein altdeutscher, nur wenig bekannt. In unserem Dorf gab es sogar drei Adinas. 😉
Ja, so einige der Aussidler haben in Russland noch Eltern, die sie besuchen möchten, dann müssen sie den Umweg nehmen. Ich habe zum Glück keine solche Verbindungen und werde nie mehr in dieses Land reisen.
Drauflos schreiben ist überhaupt nichts für mich. Ich bin im Schreiben eine sozusagen Perfektionistin. Ich muss überlegen, formulieren, umformulieren und erst, wenn alles zu meiner Zufriedenheit stimmt, dann wird es veröffentlicht. So hat jeder seine Art und Weise. 😉
Danke für deine lieben Wünsche, aber depressiv bin ich nicht. 😊 Irgendwann klappt auch das Schreiben wieder, und wenn nicht, dann eben nicht. 🙂
Dir und deinen Liebsten wünsche ich schöne Weihnachten und lecker Kochen in der neuen Küche. Kommt gut ins neue Jahr! 👍🎄
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Danke, wünsche Dir auch noch schöne Weihnachten und einen guten Rutsch! 🙂✨🌟🎄🍀
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Danke, liebe Nell! 💕
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